Vorbemerkung: Ich glaube nicht, dass mir an dieser Stelle gelingen wird, meine Traurigkeit mit Worten angemessen auszudrücken. Es ist lediglich ein Versuch, aufzuzeigen, wer Eva für mich war und damit Einblicke in eine wundervolle Freundschaft zu gewähren!
„Du bist nicht wie ich, aber das ist mir egal.“ (Aus: Irgendwie Anders von Kathryn Cave & Chris Riddel). Einen Aufhänger aus einem Kinderbuch, das Eva und mir gut gefallen hat, zu nehmen, bietet sich nicht nur aufgrund Evas Kinderaffinität (und Eva mochte gerade ja auch die Kinder, die gerne als Problemkinder stigmatisiert werden, besonders gerne) und des inneren Kindes an, das sich Eva stets bewahrt hat, sondern auch der Inhalt ist überaus passend und lässt sich mit Eva verknüpfen: Toleranz und Freundschaft. Irgendwie Anders wird ausgeschlossen und lebt ganz alleine, bis eines Tages vor seiner Tür etwas steht, das ganz anders als Irgendwie Anders ist. Irgendwie Anders nimmt das kleine Etwas bei sich auf und schließt es in sein Herz. Von da an hat Irgendwie Anders einen Freund.
Auch Eva und unsere Freundschaft war irgendwie anders, wunderbar einzigartig. In über 20 Jahren, in denen ich nahezu täglich mit Eva kommuniziert habe, gibt es vermutlich wenig, was ich nicht über Eva weiß. So ist zum Beispiel ihre große Leidenschaft für Bälle – sie musste gleich eines Zwanges – jeden Ball, den sie beim Spaziergang gesehen hat, einsammeln – doch irgendwie anders. Eva war bemerkenswert achtsam und hat viele Kleinigkeiten und Schönheiten in der Natur gesehen, die kaum einer wahrnimmt. So war ein mehrere Minuten dauerndes Video beispielsweise über die wunderschöne Glätte eines Steines keine Seltenheit, die mich erreicht hat. Wir haben uns stets an unserem Alltag teilhaben lassen und waren dadurch nie einsam.
Irgendwie anders war unser Vertrauensverhältnis und die Achtung vor dem anderen. Wir haben uns die tiefsten Geheimnisse und innere Verletzungen anvertraut, voneinander gelernt und heftig miteinander über Gott und die Welt, politische und ethische Fragestellungen diskutiert. Oh ja, es gab kaum jemanden, der mich so herrlich auf die Palme bringen konnte wie Eva. Gelegentlich waren wir auch nur unterschiedlicher Meinung, um miteinander diskutieren zu können. Letztlich haben wir dem anderen aber auch immer seine Position gelassen, auch wenn sie der eigenen Auffassung diametral zuwidergelaufen ist.
Evas Selbstreflexionsvermögen über ihre Schwächen und Stärken war irgendwie anders, denn sie war beeindruckend selbstreflektiert.
Irgendwie anders war auch ihre Albernheit und ihre Verlässlichkeit, in einer Welt, in der nichts sicher scheint. Auch in ganz schwierigen Zeiten war Eva immer für mich da, hat mir Mut gemacht und mich getröstet und mich durch ihre Albernheit immer wieder zum Lachen gebracht. Für unsere Witze gab es nicht mal mehr einen passenden Smiley, sodass wir es präferiert haben, einander auch in der digitalen Kommunikation mitzuteilen, dass wir gerade mit Ton lachen müssen. Eva hat mir immer Achtung entgegengebracht und mir versucht, jeden Selbstzweifel zu nehmen. So haben wir auch viele Jahre in unserem „Haus der Erfolge“ – so haben wir es immer genannt, wenn wir ein Ziel erreicht haben – gemeinsam gewohnt. Wir konnten das ganze Jahr immer wieder Silvester gemeinsam feiern, wenn wir uns wieder neue Ziele gesetzt haben.
Irgendwie anders war auch ihr Bezug zu materiellen Geschenken: Eva hat es gehasst, beschenkt zu werden. Zugleich hat sie mir aber auch immer sehr einzigartige Geschenke gemacht: Vom Einkaufswagen bis hin zur Luftpolsterfolie mit Noppen, die sich so toll zerdrücken lassen, gab es kein Geschenk, das nicht besonders war und womit sie nicht meinen Geschmack getroffen hat, das beste Geschenk ist und bleibt aber eine wundervolle, irgendwie andere, einzigartige Freundschaft, für die ich sehr dankbar bin. All das, was Eva für mich war, wird mir unglaublich fehlen, denn auch mein Leben wird – ohne Eva – irgendwie anders.
Anne Wolters
P.S.: Und jeden Ball, den ich finde, hebe ich für Eva auf!